Kampf mit dem inneren Schweinehund

Beim Einen ist es ein kleiner Pinscher, beim Anderen eine ausgewachsene Bulldogge. Ich gehöre leider zu den Anderen.

Aber, es ist geschafft! Mit Hilfe von einigen Freunden ist dieses Mistvieh, zumindest für dieses Mal, besiegt.

Als angehender 50jähriger fand ich es als notwendig, den "alten Körper" einigermaßen in Form zu halten/bringen. Leichter gedacht als getan! Also musste zur Motivation ein Ziel gefunden werden. Was bot sich dafür am Besten an? Als bekennender Laufverweigerer habe ich eine Wette abgeschlossen, den Halbmarathon in meiner alten Heimat zu bestreiten.

Für mich, der schon in der Jugend vor jeder Sportplatzrunde zurückgeschreckt ist, eine geradezu irrwitzige Herausforderung.

Nun wurde jedem, ob er es wissen wollte oder nicht, von meinem Vorhaben erzählt. Der Druck, das Vorhaben durchzuhalten, wurde somit ungemein erhöht. Der Schweinehund konnte jetzt bellen und beißen, mich aber nicht vom Ziel abbringen.

Am 06.04.08 war es dann soweit. Mit 7 Freunden zur Unterstützung fuhren wir in die Pfalz. Das Wetter war grausig und erforderte meine ganze Überzeugungskraft, um die Pfalz als deutsche Toskana zu verkaufen. Aber mit Unterstützung einiger Schoppen Wein und mehrerer Portionen Saumagen ist auch das gelungen.

Nach einer kleinen Rundfahrt über Neuleiningen, Freinsheim und einer anschließenden Weinprobe bei Klaus im Jesuitenhof war der Vorbereitungstag geschafft. Erste, nicht trinkfeste Mitstreiter (sorry G...), mussten bereits hier die Fahnen strecken.

Ob eine Weinprobe die beste Vorbereitung für einen Halbmarathon ist, sei dahingestellt. Sie lenkt jedoch von dem inneren Schweinehund ab.

Am nächsten Morgen überraschten mich meine Freunde mit tollen T-Shirts und verbauten mir somit jede Chance, mich noch vor dem Lauf zu drücken.

Also wurde der Kleidersack gepackt und Achim hat mich zum Start gefahren. Es war schon faszinierend, die Startvorbereitungen der anderen Läufer zu beobachten. Teilweise nervöse Vorbereitungen , abgeklärtes Abwarten oder aber auch das Warten auf einen freien Toilettensitz bestimmte das Umfeld. Ab Morgen gehöre ich auch zu dieser Läufergemeinschaft, zuckte mir durchs Hirn.

Der Startschuss setzte dann die Läuferschar in Bewegung. Na ja, es dauerte fast 2 Minuten, bis das hintere Feld, also auch ich, in Bewegung kam. Aber dann, mit einem rasanten Tempo (alles ist relativ), wurde das Rennen aufgenommen.

In Asselheim wurde ich von meinen Freunden empfangen. Von ihnen und ihren T-Shirts abgelenkt, habe ich das Banner zuerst gar nicht bemerkt. Ich musste nochmals kurz umdrehen und die Aufschrift (Schweinehund-Bezwinger 3101) lesen. Das Vieh knurrte, aber es hatte jetzt keine Chance mehr.

Auch der Versuchung, mich in Grünstadt einfach in eine Kneipe zu setzen und später wieder ins Rennen einzusteigen, wurde heldenhaft widerstanden. Meine Eltern und Bruder erwarteten mich unfairerweise genau auf der Hälfte der Strecke. Die Hügel der Pfalz verwandelten sich für mich zwischenzeitlich in riesige Berge. Was ist schon eine Zugspitze gegen die Steigung in Kleinkarlbach?

Inzwischen wurde aus meinem langsamen Dahinschlurfen ein flottes Schleichen. In Grünstadt wurde ich dann noch von einem Walker überholt. Wäre der nicht so schnell gewesen, hätte ich ihm ein Bein gestellt. So hat er noch einmal Glück gehabt.

In Asselheim war noch einmal meine Motivationscrew aktiv. Ein letztes Mal wurde, mit ihrer Unterstützung, der Schweinehund an die Kette gelegt und das letzte Teilstück in Angriff genommen.

Nach tagelangem Laufen, zumindest fühlte es sich für mich so an, habe ich das Ziel erreicht. Ich bin ein Finisher! Nach Empfang der Medaille war aus meiner ehemaligen Bulldogge wirklich ein kleiner Pinscher geworden.

Im Zelt haben meine Freunde und der Schweinehund-Bezwinger beim Bier den Erfolg gefeiert. Jetzt gehöre ich dazu! Haile und ich. Was machen da noch die paar Minuten Zeitunterschied pro km beim Laufen.

Nochmals Danke an alle meine Motivatoren. Ohne Euch hätte ich es nicht geschafft.

Lutz